Beratung und Coaching

Reflexintegration

Was genau sind die sogenannten frühkindlichen/ primitiven Reflexe und was bedeutet ihr Fortbestehen weit über das 2. Lebensjahr hinaus für die Betroffenen?

Bei sogenannten Restreflexen/ frühkindlichen bzw. primitiven Reflexen handelt es sich um typische Reaktionsmuster (stetig wiederholbare Muskelreaktionen oder Atemreaktionen) auf einen speziellen Reiz (z.B. Erschrecken).

Ursprünglich dienen diese Reflexe dazu, das Überleben des Ungeborenen im Mutterleib zu schützen. Nach der Geburt sollen die frühkindlichen Reflexe eine Anpassung an das neue Lebensumfeld des Neugeborenen ermöglichen.

Beim weiteren Heranwachsen dienen sie unter anderem dem Erlernen der Fortbewegung des Kindes.
Frühkindliche Reflexe sind nicht bewusst steuerbar. Sie laufen ohne eine bewusste Absicht der Neugeborenen/ Kleinkinder ab und ohne, dass die Kinder darauf Einfluss nehmen können.

Während des Reifungsprozesses im Rahmen des Heranwachsens innerhalb der ersten Lebensmonate entstehen neue Nervenbindungen. Daraus resultiert, dass das Kind mehr und mehr in der Lage ist seine Bewegungsmuster selbst zu steuern. Man spricht von Willkürbewegungen. Im Rahmen dieses Reifens sollten die primitiven Reflexe meist innerhalb der ersten Lebensmonate, spätestens aber innerhalb der ersten 1-2 Lebensjahre verschwinden. Bildet sich ein Primitivreflex zurück, spricht man von Reflexintegration.
Dadurch, dass das Kind Einfluss auf diese Bewegungsmuster erhält, ist es Ihnen nicht mehr ausgeliefert. Es wird eigenmächtig handlungsfähig.

Ein Beispiel für eine frühkindliche Schreckreaktion ist der primitive Moro-Reflex. Hierbei wird auf einen Schreckreiz folgender Ablauf unbewusst ausgelöst:

Einatmen, Luft anhalten, seitliches Hochreißen der Arme mit anschließender Muskelerschlaffung des Körperstamms. Das Hochreißen der Arme ist hierbei als Abwehr- bzw. Schutzreaktion zu werten. Bei jedem Erschrecken läuft diese Reaktion gleich ab und kann reproduziert (wiederholt) werden.

Nach erfolgter Reflexintegration würde sich das Kind zwar noch erschrecken, aber keine ausgeprägte körperliche Reaktion mehr zeigen, so dass es handlungsfähig bleibt.

Dies bringt uns zu der Frage:
Wieso bereitet das Fortbestehen der frühkindlichen Reflexe im weiteren Leben solch große Probleme?

Kinder, die unter unzureichend integrierten Reflexen leiden, können verschiedene Verzögerungen der seelischen Reife, ein seelisches Ungleichgewicht oder sogar im weiteren Lebensverlauf ausgeprägtere neurologische/psychiatrische/körperliche Störungen aufweisen oder entwickeln.

Denn- Körper und Seele sind untrennbar verbunden.

Nur in einem gesunden Körper lebt bekanntlich ein gesunder Geist.

Was liegt dabei also näher, als über spezifische Übungen von Bewegungsabläufen nicht nur Balance in den Körper zu bringen, sondern auch ein neues seelisches Gleichgewicht herzustellen!

Ich arbeite hierbei nach dem Reflexintegrationsprogramm, welches von Frau Renate Hohmann in Kooperation mit Dr. med. Ralph Meyers entwickelt wurde.

Ziel ist hierbei die spielerische und ganzheitliche Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Reflexen und deren Integration durch Vermittlung eines neuen Gefühls von (Selbst-)Sicherheit, Festigung von körperlicher Bindung an die Bezugspersonen/ den Partner/ die Partnerin und Etablierung neuer Bewegungsabläufe mit dem Ziel, der körperlichen (und damit auch seelischen) Aufrichtung.

Hier einmal eine Übersicht über die einzelnen Reflexe und darüber, welche Probleme durch persistierende (fortbestehende Reflexe) ausgelöst werden können:

Der Moro/ Schreck-Reflex (Moro):

Die Integration sollte nach dem 6. Lebensmonat abgeschlossen sein.

Es handelt sich um eine Reaktion auf einen plötzlichen Schreckreiz z.B. ein lautes Geräusch oder helles Licht.

Wobei es zu Öffnen des Mundes, ruckartigem Hochreißen der Arme, Spreizen der Finger, Einatmen und zumeist Erstarren kommt. Anschließend kommt es zu Ausatmen, einem Zusammenschluss der Arme auf der Brust sowie einem Schließen der Finger zur Faust.

Da der Reflex mit einer ausgeprägten Stressreaktion (beteiligte Hormone sind hier Adrenalin und Cortison) verbunden ist, können sich hieraus verschiedene Probleme entwickeln:

  • Konzentrationsstörungen/ADHS
  • Ängstlichkeit/Vermeidungsverhalten
  • Depression
  • Schwankende Stimmung/ emotionale Instabilität
  • Wutausbrüche/Impulsivität
  • Matheschwäche/ Dyskalkulie
  • Leseschwäche/ Dyslexie
  • Allergien
  • Störungen der Koordination/ des Gleichgewichtssinns

Tonischer Labyrinth Reflex (TLR):

Die Integration sollte bis zum 3. Lebensjahr in der Streckung integriert sein. In der Beugung kann er bereits im 4. Lebensmonat integriert sein.

Der beugende Anteil wird auch TLR vorwärts genannt und der streckende Anteil TLR rückwärts entsprechend der Bewegungsrichtung, die er hervorruft.

Der Reflex führt bei Bewegung des Kopfes aus dem Körperlot (Körpermitte) heraus nach vorne oder nach hinten zu Beugung bzw. Streckung des Körpers.
Im Mutterleib rollt sich dadurch das Kind zusammen, wenn der Platz durch das Wachstum des Fötus geringer wird und erlernt nach der Geburt durch den streckenden Anteil des Reflexes sich gegen die Schwerkraft aufzurichten.

Wird der Reflex nicht integriert, kann es zu folgenden Schwierigkeiten kommen:

  • Zehenspitzen laufen
  • Schreibschwäche
  • Matheschwäche/Dyskalkulie
  • Schwierigkeiten im Hören und der Verarbeitung von Gehörtem
  • Schwierigkeiten sich zu organisieren
  • Zeitgefühl ungenau
  • Augenbewegungen unkoordiniert, Sehschwäche, Wahrnehmung über die Augen gestört
  • Gleichgewichtsschwierigkeiten
  • starke oder schwache Muskelspannung
  • Tendenz zur Überstreckung oder schlaffe Körperhaltung

Spinaler Galant Reflex (SGR):

Die Integration sollte mit dem ca. 9. Lebensmonat abgeschlossen sein.

Der Spinale Galant-Reflex wird durch Kontraktionen (Wehen) unter der Geburt hervorgerufen und führt im Lendenbereich des Babys (unterer Rückenbereich) zu einer Bewegung der Hüfte, wodurch sich das Kind durch den Geburtskanal drehen kann. Auch für die Fortbewegung, insbesondere das Krabbeln und schließlich das aufrechte Gehen, ist er von großer Bedeutung.

Er dient der Bewegung der Hüfte und führt zur Beugung des Beines auf der Seite, auf der er durch ein Bestreichen des Lendenbereiches seitlich der Wirbelsäule ausgelöst werden kann.
Somit ist er eng mit der Blasenentleerung, sowie dem Gleichgewichtsorgan verbunden.

Mit dem spinalen Galant Reflex verbundene mögliche Probleme:

  • Verdauungsstörung z.B. Verstopfung
  • Bettnässen insbesondere nach dem 5. Lebensjahr
  • Leseschwäche/ Dyslexie
  • unsauberes Schriftbild
  • Irritierbarkeit der Haut (massive Reaktion auf Wäscheschildchen oder harte Nähte in Socken
  • Schwierigkeiten Ober- und Unterkörper miteinander koordiniert zu bewegen (schlechte Körperspannung)
  • Motorische Unruhe/ Hyperaktivität
  • Skoliose

Asymmetrisch tonischer Nackenreflex (ATNR):

Im Alter von ca. 6 Monaten sollte dieser Reflex vollständig integriert sein.

Wird der Nacken/ Kopf gedreht kommt es zur Streckung des Arms und Beins der Seite wohin der Kopf gedreht wird. Auf der entgegengesetzten Seite kommt es dabei zu Beugung des Arms und des Beins.
Dies ist einer der wichtigsten Reflexe, um den Geburtskanal zu durchqueren und um Gegenstände gezielt werfen und fangen zu können. Auch das Gleichgewichtsorgan, sowie die Muskelspannung sind eng mit diesem Reflex verbunden.

Mögliche Probleme bei Fortbestand des Asymmetrisch tonisches Nackenreflexes:

  • Konzentrationsstörungen/ ADHS
  • Krabbeln oder Laufenlernen verzögert
  • Schlechte Körperhaltung im Sitzen und Stehen
  • Überkreuzen der Körpermittellinie erschwert (Balanceverlust)
  • Schwäche Rechts und Links zu unterscheiden
  • Leseschwäche/ Dyslexie
  • Lese- und Schreibschwäche
  • Blicksprünge horizontal und vertikal (Störungen der Augenkoordination)
  • 3-dimensionale Wahrnehmung und räumliche Orientierung erschwert

Symmetrisch Tonischer Nackenreflex (STNR):

Dieser sollte mit ca. dem 1. Lebensjahr vollständig integriert sein.

Einer Streckung des Nackens bzw. Hebung des Kopfes (welche das Baby benötigt um seine Umwelt zu entdecken) folgt hierbei eine Streckung der Arme und eine Beugung der Beine. Der Rücken bewegt sich hierbei reflektorisch in eine Absenkung (Hohlkreuz) hinein. Erfolgt hingegen ein Blick nach unten, wobei der Nacken gebeugt wird, werden die Beine gestreckt und der Rücken wölbt sich entsprechend leicht auf (Katzenbuckel).
Dies dient zur Regulation der Körperhaltung und beeinflusst das Sehvermögen, welches dem Baby ermöglicht Umweltreize gezielter aufzunehmen.

Mögliche Probleme eines Fortbestandes des Symmetrisch Tonischen Nackenreflex:

  • Motorische Unruhe insbesondere im Sitzen
  • Lernschwäche/ Probleme sich zu fokussieren/ leichte Ablenkbarkeit
  • Schreibschwäche oder Leseschwäche mangelnde Körperspannung
  • Spreizen der Knie und sitzen zwischen den Fersen beim auf dem Boden sitzen (W-Sitz)
  • Krabbeln überspringen
  • Mangelnde Koordination/ ungeschickte Bewegungen mit vielen Missgeschicken (viele kleine Unfälle, Umwerfen von Gegenständen)
  • Nah- und Fernsicht unkoordiniert (Probleme von der Tafel abzuschreiben)
  • Koordination von Auge-Hand erschwert
  • Stifthaltung verkrampft/ fehlerhaft





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Praxis - Magdalena Kotowski